Die Streikaktionen von Verdi gehen weiter. Nächste Woche soll auch wieder der Nord-Ostsee-Kanal bestreikt werden. Am Freitag wurden die Reedereien informiert, dass drei Tage lang keine Schiffe den Kanal passieren können.
Die Gewerkschaft Verdi erhöht den Druck. Von Dienstagmorgen bis Donnerstagabend soll der Nord-Ostsee-Kanal bestreikt werden. Die Gewerkschaft hat die Beschäftigten des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Nord-Ostsee-Kanal zum Ausstand aufgerufen.
Die Reedereien und Kapitäne der Schiffe, die in der nächsten Woche den Nord-Ostsee-Kanal passieren wollen, bekamen bereits am Freitag die Warnung von ihren Agenturen. „Erst dachte ich an einen schlechten Scherz. Ich weiß nicht, wie ich das den Kunden erklären soll. Der Streik trifft den Kanal fast vier Tage“, sagt Jens Broder Knudsen, Vorsitzender der Initiative Kiel Kanal.
Bereits am Freitagmorgen hatte die Nachricht von dem geplanten Streik im „Schleusenfunk“ in Kiel die Runde gemacht. Danach sollen bereits ab Montagabend, 20 Uhr, keine Schiffe mehr in den Kanal gelassen werden. Da die Behörde mit einem Streikbeginn zur Frühschicht am Dienstag rechnet, sollen so alle Schiffe die Möglichkeit zum Ausschleusen haben. Der Streik soll bis Donnerstagabend gehen. Erst danach soll es wieder einen geregelten Schleusenbetrieb geben.
Die erhoffte Wirkung soll durch das gezielte Bestreiken der Verkehrszentrale auf der Mittelinsel der großen Schleusen in Brunsbüttel erreicht werden. Von dort aus wird der gesamte Schiffsverkehr im Kanal überwacht und gelenkt. Die Rolle der Nautiker dort ist vergleichbar mit der von Fluglotsen. Fallen dort auch nur zwei bis drei Angestellte aus, geht im Nord-Ostsee-Kanal nichts mehr.
Durch die Besetzung der Schlüsselfunktionen mit Beamten ließen sich die Streiks umgehen, und der Kanal könnte geöffnet bleiben. „Der Kanal ist Teil der kritischen Infrastruktur“, sagt Knudsen.
Der Streik trifft den Nord-Ostsee-Kanal mitten in seiner größten Krise. Die Verkehrszahlen sind seit Sommer vorigen Jahres im Sinkflug. Das erste Quartal 2025 könnte durch den Arbeitskampf einen erneuten Einbruch bringen.
Die Bilanz der Verkehrszahlen für 2024 wurde bislang von der zuständigen Generaldirektion Wasserstraßen- und Schifffahrt noch nicht veröffentlicht.
Die Reduzierung der Geschwindigkeit für Schiffe von 15 auf 12 Kilometer pro Stunde, die Baustellen und die ab Mai anstehende Sperrung einer Schleusenkammer in Brunsbüttel schmälern die Attraktivität der Wasserstraße zusätzlich. „Das alles führt zu enormen Kostensteigerungen für die Schifffahrt“, sagt Schiffsmakler Knudsen.
„Wir müssen aufpassen, dass es nicht irgendwann der Sargnagel für den Kanal ist. Wenn keine Schiffe mehr kommen, ist auch niemandem geholfen“, so Knudsen. Erst am Donnerstag war der Nord-Ostsee-Kanal Thema beim traditionellen Reis-und-Curry-Essen der Lotsen und des Nautischen Vereins zu Kiel. „Die Stimmung unter den Lotsen ist nicht sehr gut“, sagte der neue Ältermann der Lotsenbrüderschaft NOK II, Markus Böhm.
Der Streik trifft aber auch die Häfen Rendsburg und Brunsbüttel. „Gerade in Brunsbüttel werden damit ganze Industriebereiche lahmgelegt. Ich sehe hier bald Verhältnisse wie in Frankreich“, sagt Knudsen.
Für die Gewerkschaft ist der Nord-Ostsee-Kanal ein sehr wichtiges und weitreichendes Druckmittel. Die Zubringerlinien (Feeder) der Containerreedereien verlieren bei der Fahrt zu den großen Häfen Hamburg und Bremerhaven mehrere Tage. Das bringt die Fahrpläne der großen Linien durcheinander und sorgt in den Lieferketten für zusätzliche Kosten.
Der Binnen- und der Nordhafen in Kiel sollen von dem Streik nicht betroffen sein, da die Schleusen in Holtenau weiter besetzt bleiben und nicht auf die Verkehrszentrale in Brunsbüttel angewiesen sind. So können die Schiffe für die Baustellen im Nord-Ostsee-Kanal und die Schiffe für den Ölterminal und den Getreidesilo in Kiel weiter ein- und ausschleusen.
Quelle: Kieler Nachrichten vom 08.03.2025
Frank Behling
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