Erhöhung der Befahrungsabgabe würde dem Nord-Ostsee-Kanal schwer schaden!

Die Initiative Kiel-Canal (IKC) hat die vom Bundesrechnungshof (BRH) erneut aufgegriffene Erhöhung der Befahrungsabgaben um mehr als 30 Prozent kritisiert.

Die Initiative Kiel-Kanal zeigt sich verwundert darüber, dass der Bundesrechnungshof in seinem aktuellen Marktbericht eine massive Erhöhung der Befahrungsabgaben im Nord-Ostsee-Kanal ins Gespräch bringt. Unter Verweis auf ein Gutachten aus dem Jahr 2013 sowie eine entsprechende Empfehlung der Fachabteilung des Bundesverkehrsministerium von 2015 heißt es im  Jahresbericht u.a.: „Schon eine Erhöhung der Befahrungsabgabe um 35% würde bei Berücksichtigung einer Reduzierung des Schiffsverkehrs von zwei Prozent zu jährlichen Mehreinnahmen von mindestens sechs Millionen Euro führen“.

„Illusorische Annahmen und Anpassungsforderungen“

Der Vorsitzende der IKC, Jens B. Knudsen, bezeichnet die Forderung nach einer so massiven Erhöhung der Befahrungsabgaben als „illusorisch“ – ebenso wie die zugrunde liegenden Annahmen. „Die ersten Überlegungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zu einer Gebührenerhöhung erfolgten 2005 bis 2007 – also vor der globalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise und vor dem Russland-Embargo in einer Phase globaler Hochkonjunktur. Die seinerzeit ermittelten Daten werden noch immer als Grundlage einer möglichen  Gebührenerhöhung herangezogen, obwohl sich die Rahmenbedingungen für den Schiffsverkehr ins Baltikum seither völlig verändert haben“. Auch die Annahme, eine Erhöhung der  Kanalabgaben um über 30% werde lediglich zu zwei Prozent weniger Passagen führen, ist nach Überzeugung Jens Knudsens veraltet: „Seit der Erstellung des entsprechenden Gutachtens sind fast fünf Jahre vergangen, und wir stellen fest, dass die Passagezahlen schon bei konstanten Gebühren rückläufig sind. Eine Erhöhung um 35% würde den Kanalverkehr nach meiner Einschätzung heute nicht um zwei, sondern um einen spürbaren zweistelligen Prozentsatz einbrechen lassen“.

Herausforderungen: Niedrige Treibstoffpreise und Imageproblem

2016 hatten – erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs – weniger als 30.000 Schiffe den Nord-Ostsee-Kanal im Transit passiert. „Selbst 1946, wenige Monate nach Kriegsende, waren es mehr Schiffe als im letzten Jahr“, so Jens B. Knudsen, „2017 hat es lediglich eine geringfügige Erholung gegeben, wir bleiben aber weiter auf einem historisch niedrigen Passagezahlenniveau“. Eine wesentliche Ursache sei – neben dem niedrigen Treibstoffpreisniveau und dem Handelsembargo gegen Russland – das Imageproblem des Kanals, hervorgerufen durch eine unplanbare Pasagezeit bedingt durch Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten in der Vergangenheit. „In einer solchen Situation, in der der Kanal ohnehin um jeden Kunden zu kämpfen hat, die Gebühren um über 30% anheben zu wollen, ist schlichtweg hanebüchen und hat mit der Realität nichts zu tun“, resümiert der IKC-Vorsitzende.

Befahrungsabgaben erst nach dauerhaftem Kundennutzen diskutieren

Würde der Kanal durch eine Gebührenerhöhung weiter geschwächt, so träfe dies insbesondere den Hamburger Hafen und die deutsche Exportwirtschaft, ist Jens B. Knudsen überzeugt: „Die Attraktivität des Hamburger Hafens und der bremischen Häfen basiert wesentlich auch auf dem Nord-Ostsee-Kanal und damit einer direkten Verbindung ins Baltikum“. Außerdem würde eine Gebührenerhöhung die deutschen Klimaschutzziele konterkarieren: „Jede Kanalpassage reduziert Wegstrecke und damit Emissionen aus dem Seeverkehr. Wenn wir die Energiewende ernst nehmen, muss es das gemeinsame Ziel von Politik, Verwaltung und Wirtschaft sein, mehr und nicht weniger Schiffe durch den Kanal fahren zu lassen. Der jetzt vom Bundesrechnungshof  wieder aufgegriffene Ansatz zur Gebührenerhöhung nimmt ganz bewusst das genaue Gegenteil in Kauf“. Die IKC verfolgt im Hinblick auf eine langfristige Entwicklung der  NOK-Befahrungsabgaben einen anderen Ansatz: Zunächst sollten die Abgaben stabil bleiben, bis die Kanalkunden – also die Reeder – die positiven Wirkungen der laufenden Investitionen im Kanal dauerhaft spüren. Der Großschleusenneubau in Brunsbüttel sowie die Anpassung der Oststrecke werden dann, davon ist Jens B. Knudsen überzeugt, zu einer besseren Verkehrsabwicklung und kürzeren Transitzeiten führen. „Und dann ist sicherlich auch wieder Raum für eine Diskussion über Gebührenanpassungen“, so der IKC-Vorsitzende.