Maritime Wirtschaft blickt mit Sorge auf sinkende Passagezahlen am NOK

12.02.2024

Im zweiten  Halbjahr 2023 sind die Verkehrszahlen der Schiffe im Nord-Ostsee-Kanal signifikant abgesunken. Die Ursache sehen die Vertreter der maritimen Wirtschaft in den vielen Ausfällen mit daraus resultierenden erheblichen Zeitverlusten

Der NOK ist eine Lebensader für die maritime Wirtschaft in Deutschland und Europa. Als kürzeste Verbindung zwischen der Nord- und Ostsee ermöglicht der Kanal schnelle, kostengünstige und klimaneutralere Transportwege, die für Handel und Industrie unverzichtbar sind. Verzögerungen im Schleusenbetrieb wirken sich daher nicht nur lokal, sondern auch auf internationaler Ebene negativ aus.

Die „Initiative Kiel-Canal“ (IKC) und der „Nautische Verein zu Kiel“ (NVzK) haben bereits mehrfach auf signifikante Defizite im Betrieb und in der Unterhaltung des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) hingewiesen. Jens-Broder Knudsen, Vorsitzender der IKC sagt: „Diese für den deutschen Import und Export essenzielle Seewasserstraße verliert weiter für die Nutzer an Attraktivität.“

Seit dem 1. Juli 2023 sei eine zunehmende Verschlechterung der sicheren und planbaren Passage für die internationale Schifffahrt zu beobachten, was zu einem spürbaren Rückgang bei den Schiffsgrößen und Passagezahlen geführt hat.

Seit dem 01. Juli gilt im NOK eine generelle Geschwindigkeitsreduzierung um 20% auf 12 km/h. Dies wurde erforderlich um weitere Schäden am bereits massiv ausgewaschenen Kanalbett zu vermeiden. Die längere Passagedauer bedingte seitdem einen um den gleichen Betrag gestiegenen Bedarf an Lotsen und Kanalsteurern, der aufgrund der langen Ausbildungszeit nicht ad hoc gedeckt werden. Erstmalig in der Geschichte gab es Wartezeiten vor Brunsbüttel, bis Lotsen die erforderlichen Ruhezeiten erfüllt haben und wieder für einen Einsatz zur Verfügung stehen.

Ingo Berger, Vorsitzender des NVzK, weist darauf hin, dass es zusätzlich regelmäßig zu Verzögerungen beim Schleusungsvorgang kommt, weil die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ebenfalls vom Personalmangel betroffen ist. „Es kam deshalb bereits zu Vollsperrungen und vermehrt werden Schiffe einzeln geschleust, obwohl die Schleusenkammergröße die Aufnahme mehrerer Schiffe erlauben würde. Dies reduziert die Kapazität und somit auch die Attraktivität des NOK erheblich.“ Beide Verbände erklären dass die Probleme in Betrieb und Unterhaltung stetig zunehmen. Als Beispiele nannten Sie Vorfälle, die es in der Geschichte des NOK bisher nicht gegeben hat.

So musste der Kanal zum Beispiel komplett geschlossen werden, weil der extern vergebene Schneeräumdienst nicht ausgeführt wurde. Diese lassen erheblichen Zweifel an der Geeignetheit des Auswahlverfahrens aufkommen. Nicht einmal die für das Steuern großer Schiffe essentielle Torbefeuerung wird umgehend regelmäßig vom WSV-Personal instandgesetzt.

Nun kommen nach der Ostseesturmflut im Oktober 2023 erhebliche Schäden am Leuchtturm Kiel hinzu und die dort untergebrachte Versetzstation der Lotsen musste aufgegeben werden. Die durch längere und aufwändigere Anfahrtswege bedingten höheren Kosten für die Nutzer des NOK reduzieren dessen Attraktivität weiter.

Angesichts dieser Gesamtentwicklung äußerten beide Verbände in einem Schreiben an die Bundesregierung die Sorge, dass der NOK als ökonomisch und ökologisch wichtige Alternative zur Skagenroute weiter an Attraktivität verlieren wird. Verzögerungen und Ausfälle würden die Zuverlässigkeit und Planbarkeit der Kanalpassage im heute eng getakteten Seehandel massiv beeinträchtigen. Funktionierende und resiliente Lieferketten sind für die deutsche Volkswirtschaft essenziell und dürfen nicht gefährdet werden.

Die IKC und der NVzK haben die Bundesregierung in einemgemeinsamen Schreiben daher dringend aufgefordert:

  1. Dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt NOK umgehend Fachpersonal (Nautiker, Techniker & Ingenieure) zuzuweisen, um Schleusungen und weitere Maßnahmen effizient planen und durchführen zu können.
  2. Die Planungen und laufenden Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen am NOK zügig und konsequent fertigzustellen.
  3. Die pauschale Stellenstreichung bei der WSV dauerhaft zu stoppen.
  4. Attraktive Arbeitsbedingungen bei der WSV zu schaffen.
  5. Den Leuchtturm Kiel dringend zu sanieren.

Für Knudsen und Berger steht fest: „In Anbetracht der ökologischen Verkehrswende und der zusätzlichen Kosten für alternative Brennstoffe in der Schifffahrt, sind die energiesparende Funktion des NOK und der Leuchtturm Kieler Förde für die Verkehrssicherheit von großer Bedeutung. Diese müssen ihrer Rolle im Rahmen des transeuropäischen Netzwerkes gerecht werden können!

Die Initiative Kiel-Canal e.V.

Die Ende 2012 gegründete Initiative Kiel-Canal e.V. bündelt engagierte Stimmen für den Nord-Ostsee-Kanal und macht sich gegenüber Wirtschaft, Politik und Behörden für den Funktionserhalt und die Zukunftsfähigkeit des Kanals stark. Zu den Mitgliedern gehören neben zahlreichen Unternehmen auch mehrere Handelskammern, Körperschaften des öffentlichen Rechts, Institutionen, Verbände, Vereine sowie Gebietskörperschaften.

Ansprechpartner für weitere Fragen:

Jens B. Knudsen
Vorsitzender Initiative Kiel-Canal e.V.
Büro: 0431/9810

Ingo Berger
Vorsitzender des „Nautischen Vereins zu Kiel“
Handy: 0176/61482057

 

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